Hugo Hamid Marcus
(geb. 1880 in Posen, Königreich Preußen – gest. 1966 in Basel, Schweiz)
„Die allgemeine Gleichheit der Menschen, welche die Demokratie fordert, besteht bereits von Natur aus und zwar gerade darin, daß die Menschen als Individuen sämtlich in gleicher Weise einmalig, abgesondert, einzigartig und unvergleichlich sind.“ *
Hugo Hamid Marcus trat für die Rechte von Homosexuellen ein und setzte rassistischen und antisemitischen Ideologien eine kosmopolitische Weltsicht entgegen.
Hugo Hamid Marcus war ein deutscher Schriftsteller und Philosoph jüdischer Herkunft. Er kämpfte für eine Entkriminalisierung von Homosexuellen. Als gläubiger Muslim war er zugleich eine wichtige Stimme des Islam in Deutschland. Schon in der Weimarer Republik stritt Marcus an der Seite seines Freundes Magnus Hirschfeld für die Abschaffung des §175, der Homosexuelle zu Straftätern machte. Nach einer Begegnung mit muslimischen Studierenden konvertierte er 1925 zum Islam. Fortan trug er den Namen Hamid, blieb aber bis 1936 Mitglied der jüdischen Gemeinde.
Schon in den 1920er-Jahren avancierte er zum Geschäftsführer der liberalen und auf interreligiösen Dialog bedachten Berliner Moschee in Wilmersdorf – die heute älteste Moschee auf deutschem Boden. Zudem leitete er die Zeitschrift „Moslemische Revue” und war von 1930 bis 1935 Gründungspräsident der Deutschen Muslimischen Gesellschaft. In dieser tummelten sich während der NS-Zeit indes auch überzeugte Nationalsozialisten, die auf die dort gehaltenen Predigten propagandistisch einzuwirken suchten.
Nach den Novemberpogromen von 1938 wurde der Muslim Hugo Hamid Marcus als Jude im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Laut eigenen Aussagen blieb er dort, bis eine von seinem Imam, Dr. Sheikh Muhammad Abdullah, geführte Delegation seine Freilassung erwirkte. Er floh in die Schweiz und überlebte so die nationalsozialistische Judenverfolgung. Unter dem Pseudonym Hans Alenius (Hans der Fremde) schrieb er für die Homosexuellenzeitschrift „Der Kreis”. Nach dem Krieg weigerte er sich, in die Bundesrepublik Deutschland zurückzukehren, da homosexuelle Handlungen hier noch immer kriminalisiert wurden. Heute gilt Marcus als wichtige Figur eines jüdisch-muslimischen Austauschs in Deutschland.
* Marcus, H., Zur Ontologie der Demokratie, in: Archiv Für Rechts- Und Sozialphilosophie 44/1 (1958), S. 55–64.